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BverfG zementiert die beitragsrechtliche Erdrosselung von Familien<\/h2>\n

Ein Kommentar zum Beschluss vom 7. April 2022 von Anne Lenze<\/h2>\n<\/div>\n
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Der j\u00fcngste Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7.4.2022<\/a> <\/strong>zur Bedeutung der Kindererziehung f\u00fcr das Beitragsrecht der Sozialversicherung bringt f\u00fcr den Bereich der Pflegeversicherung kleinteilige Verbesserungen: Die Entlastung von Eltern darf k\u00fcnftig nicht mehr pauschal erfolgen, sondern muss proportional mit der Anzahl der Kinder steigen. Im Beitragsrecht der Renten- und Krankenversicherung hingegen bleibt alles beim Alten. Ohne externen \u00f6konomischen Sachverstand und mit \u00e4u\u00dferst geringem Begr\u00fcndungsaufwand wurde das Anliegen der Beschwerdef\u00fchrer*innen ohne m\u00fcndliche Verhandlung abgewiesen. Hier wurde die Chance vertan, die verteilungspolitischen Ungerechtigkeiten der gesetzlichen Sozialversicherung in den Blick zu nehmen und die Ursachen der grassierenden Kinderarmut abzustellen.<\/p>\n

Das Verh\u00e4ltnis des Drei-Generationen-Vertrags zum allgemeinen Gleichheitssatz<\/strong><\/h2>\n

Es ist nicht zu \u00fcbersehen, dass wichtige Zweige unserer sozialen Sicherungssysteme darauf angewiesen sind, dass eine ausreichend gro\u00dfe und gut ausgebildete Generation nachw\u00e4chst. Gesetzliche Renten-, Pflege- und Krankenversicherung sind im Umlageverfahren organisiert und brauchen einerseits monet\u00e4re Beitr\u00e4ge, die im selben Monat an die Leistungsberechtigten ausgesch\u00fcttet werden, und andererseits in der Gegenwart geborene Kinder, die erzogen und ausgebildet werden, um in der Zukunft die Systeme weiter am Laufen zu halten. Es gibt keine Alternativen zur Erziehung und Ausbildung von in Deutschland geborenen Kindern: Weder kann eine im Ausland erzogene junge Bev\u00f6lkerung eigene Geburtendefizite kompensieren noch kann sich eine vollst\u00e4ndig auf Kapitaldeckung basierende soziale Absicherung vom demografischen Risiko emanzipieren. Schon in den Diskussionen um die Gro\u00dfe Rentenreform Mitte der 1950er Jahre wurde errechnet, dass die dazu erforderlichen Kapitalsammelstellen nach kurzer Zeit zum alleinigen Besitzer s\u00e4mtlicher Verm\u00f6genswerte im Land avanciert w\u00e4ren \u2013 ein solches Machtmonopol aber konnte niemand wollen.<\/p>\n

Diese Erkenntnisse hatte das Bundesverfassungsgericht in seiner aufsehenerregenden Entscheidung vom 3.4.2001<\/a> f<\/strong>\u00fcr die Pflegeversicherung verarbeitet, als es erstmalig die Verteilungswirkungen des Sozialversicherungssystems konsequent auf der Grundlage des Drei-Generationen-Vertrages analysierte. Verfassungsrechtlich verhandelte es die Problematik unter dem allgemeinen Gleichheitssatz. Das Beitragsrecht der Pflegeversicherung behandele wesentlich Ungleiches gleich, weil Beitragszahler*innen mit und ohne Unterhaltsverpflichtungen gegen\u00fcber Kindern gleich hohe Beitr\u00e4ge zur gesetzlichen Sozialversicherung entrichten m\u00fcssen. Das BVerfG stellte 2001 fest, dass die Kindererziehung in allen Sozialversicherungszweigen ein \u201ekonstitutiver generativer Beitrag\u201c ist, die auf das Nachwachsen einer ausreichend gro\u00dfen Nachwuchsgeneration angewiesen sind.<\/p>\n

\u201eDamit erw\u00e4chst Versicherten ohne Kinder im Versicherungsfall ein Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer beitragspflichtiger Versicherter, die wegen der Erziehung zu ihrem Nachteil auf Konsum und Verm\u00f6gensbildung verzichtet haben.\u201c<\/p><\/blockquote>\n

Der gemeinsame Nenner, das tertium comparationis<\/em>, von Versicherungsbeitr\u00e4gen und Kindererziehung ist ein \u00f6konomisches Substrat, denn beide Beitr\u00e4ge erfordern einen Verzicht auf Konsum und Verm\u00f6gensbildung. Ebenso wichtig war die Vorgabe des Gerichts, dass nur ein materieller Ausgleich zwischen Eltern und kinderlosen Personen innerhalb der Pflegeversicherung w\u00e4hrend der Zeit der Betreuung und Erziehung die Vor- und Nachteile ausgleichen kann, die mit der Kindererziehung einhergehen. Zugleich gab das Gericht dem Gesetzgeber auf, die Bedeutung des Urteils f\u00fcr die anderen Zweige der Sozialversicherung zu pr\u00fcfen (BVerfG 103, 242, 270). Bemerkenswerterweise hat diese Entscheidung in der Wirtschaftswissenschaft unter dem Stichwort der positiven externen Effekte<\/a> mehr Zustimmung gefunden als in der Rechtswissenschaft, wo sie auf erheblichen und anhaltenden Widerstand gesto\u00dfen ist.<\/p>\n

Kleiner Erfolg im Beitragsrecht der Pflegeversicherung<\/strong><\/h2>\n

Den gleich hohen Beitragsnachlass f\u00fcr Eltern h\u00e4lt das BVerfG in seinem Beschluss vom 7.4.2022 f\u00fcr eine unzul\u00e4ssige Gleichbehandlung von Ungleichem, weil der wirtschaftliche Aufwand der Eltern mit jedem Kind steige. Das gleiche gelte f\u00fcr die Opportunit\u00e4tskosten in Form entgangener Verdienstchancen. Zu letzterem legt das Gericht beeindruckende Zahlen vor: So haben M\u00fctter mit einem Kind im Vergleich zu kinderlosen Frauen ein rund 40%, M\u00fctter mit zwei Kinder ein rund 50%iges und M\u00fcttern mit drei und mehr Kindern ein fast 70% geringeres Lebenseinkommen als Frauen ohne Kinder (Rn. 258). Die Benachteiligung beitragspflichtiger Eltern mit mehreren Kindern gegen\u00fcber solchen mit weniger Kindern werde innerhalb des Systems der Pflegeversicherung nicht hinreichend kompensiert und k\u00f6nne auch nicht gerechtfertigt werden. Damit sorgt das BVerfG im Jahr 2022 nun endlich f\u00fcr die konsequente Umsetzung des Grundsatzurteils aus 2001.<\/p>\n

Dort h\u00f6rt aber auch schon die Kontinuit\u00e4t auf, denn im Bereich der Pflegeversicherung bricht der Beschluss mit einem wichtigen Grundsatz der Entscheidung aus 2001: So meint das BVerfG in Anbetracht einer m\u00f6glicherweise \u00fcberm\u00e4\u00dfigen Belastung der Kinderlosen darauf hinweisen zu m\u00fcssen, dass der weitere Ausgleich zugunsten von Eltern mit mehreren Kindern auch durch steuerfinanzierte Bundeszusch\u00fcsse realisiert werden k\u00f6nne (BVerfG 7.4.2022, Rn. 331). Genau das aber hatte es im Jahr 2001 ausdr\u00fccklich ausgeschlossen, als es einen Ausgleich innerhalb des Systems verlangte (BVerfG, 3.4.2001, Rn. 61).<\/p>\n

Keine Beitragsreduktion im Rahmen der Renten- und Krankenversicherung<\/strong><\/h2>\n

Der Beschluss des BVerfG vom 7.4.2022 gelangt nach einem erheblichen Vorlauf mit einer aus Textbausteinen k\u00fcnstlich aufgebl\u00e4hten Entscheidung in Randnummer 333 endlich zur Kernfrage, ob die Beitragsreduktion auch f\u00fcr die Renten- und Krankenversicherung zwingend verfassungsrechtlich umzusetzen ist, was sodann in den folgenden 42 Randnummern abgelehnt wird. Wesentliches Argument ist, dass innerhalb der Rentenversicherung zu Gunsten von Eltern bereits ein hinreichender Nachteilsausgleich bestehe, insbesondere in Form der Anerkennung von drei Jahren als Kindererziehungszeiten. Um den Wert der Kindererziehungszeiten zu beziffern, greift das Gericht auf die Zahlen der Bundesregierung zur\u00fcck, die die Wirkung der Kindererziehungszeiten mit einer faktischen Beitragsentlastung von 22.618 Euro bzw. einer rechnerischen Beitragssatzabsenkung von drei Prozentpunkten f\u00fcr ein Kind auf die Dauer von 18 Jahren angegeben hatte (Rn. 350). Mit keinem Wort geht das Gericht auf die von den Beschwerdef\u00fchrer*innen vorgelegte Studie des \u00d6konomen Martin Werding <\/a><\/strong>ein, immerhin seit Kurzem Mitglied des Sachverst\u00e4ndigenrates, der allein f\u00fcr die Gesetzliche Rentenversicherung erhebliche positive fiskalische Effekte eines Kindes berechnete. Danach \u00fcbersteigen die Beitr\u00e4ge, die ein im Jahre 2000 geborenes Kind bei in jeder Hinsicht durchschnittlichem Erwerbsverhalten im Laufe seines gesamten Lebens unter dem geltenden Recht an die gesetzliche Rentenversicherung zahlen wird, die dadurch erworbenen Rentenanspr\u00fcche voraussichtlich um rund 77.300 Euro (Barwert f\u00fcr 2010). Unter Ber\u00fccksichtigung seiner Kindeskinder erh\u00f6ht sich der Betrag sogar auf 158.269 Euro. Dagegen belaufen sich die Rentenanspr\u00fcche, die die Betreuungsperson \u2013 im Regelfall die Mutter \u2013 durch die Anrechnung von Erziehungszeiten f\u00fcr ein solches Kind erh\u00e4lt, bei vergleichbarer Berechnung nur auf 17.100 Euro.<\/p>\n

Aufgebl\u00e4hte Entscheidung, aber ohne m\u00fcndliche Verhandlung<\/strong><\/h2>\n

\u00dcber diese Zahlen h\u00e4tte in einer m\u00fcndlichen Verhandlung gestritten werden k\u00f6nnen \u2013 oder m\u00fcssen. Obwohl in den Reihen des Ersten Senats des BVerfG wohl kein eigener volkswirtschaftlicher Sachverstand vorhanden sein d\u00fcrfte, hat das Gericht in seinem j\u00fcngsten Beschluss \u2013 anders als in der Entscheidung von 2001 \u2013 gerade keine externe Expertise hinzugezogen. Stattdessen bewegt sich die Entscheidung im empiriefreien Raum. Das BVerfG setzt sich au\u00dferdem \u00fcber den Grundsatz hinweg, dass der Ausgleich zwischen den benachteiligten Erziehenden und kinderlosen Profiteuren in demselben System w\u00e4hrend der Zeit der Erziehung zu erfolgen habe. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten tr\u00e4gt dem keine Rechnung. Jetzt schon tragen Eltern die aus dem Bundeszuschuss finanzierten Kindererziehungszeiten der gegenw\u00e4rtigen Rentnergeneration \u00fcber ihre Einkommens- und Verbrauchssteuern mit. Kommen sie sp\u00e4ter ihrerseits in den Genuss der Kindererziehungszeiten, wird dies vollst\u00e4ndig aus den Steuern oder Beitr\u00e4gen der derzeitigen Kindergeneration gezahlt. Ein intra-generationeller Ausgleich findet gerade nicht statt.<\/p>\n

Ohnehin besteht kein Widerspruch darin, die Kindererziehung sowohl auf der Beitrags- wie auf der Leistungsseite zu ber\u00fccksichtigen. Eingangs beschreibt das Gericht zutreffend die Dimensionen des \u201ewirtschaftlichen Kindererziehungsaufwandes\u201c, den es unterteilt in den \u201eRealaufwand\u201c, insbesondere die erziehungsbedingten Konsumausgaben, und die \u201eOpportunit\u00e4tskosten\u201c, die aus einer Reduzierung der Erwerbst\u00e4tigkeit eines Elternteils durch Elternzeit und anschlie\u00dfende Teilzeitarbeit entstehen (BVerfG 7.4.2022, Rn. 255 ff.). Leider wird diese analytische Unterscheidung im Folgenden nicht fruchtbar gemacht. Es b\u00f6te sich an, den Realaufwand \u2013 f\u00fcr Paare mit einem Kind waren dies nach Angaben des Statischen Bundesamtes vom 29.6.2021 im Jahr 2018 monatlich 763 Euro \u2013 wenn schon nicht in voller H\u00f6he, dann aber doch zumindest in H\u00f6he des steuerrechtlichen Kinderexistenzminimums von der Verbeitragung zur Sozialversicherung auszunehmen. Dagegen k\u00f6nnen die Kindererziehungszeiten als Kompensation f\u00fcr die Reduzierung der Rentenanwartschaften angerechnet werden, die bei Frauen nachweislich mit jedem Kind sinken.<\/p>\n

Auch die Beitragsreduktion in der Krankenversicherung wird abgelehnt. Diese biete, so das Gericht, einen ausreichenden Ausgleich f\u00fcr den Wert der Kindererziehung in Form der beitragsfreien Familienversicherung und erkenne damit den wirtschaftlichen Erziehungsaufwand im Wege faktischer Beitragsentlastung an. Das von den Kl\u00e4gern eingebrachte Gutachten von Frank Niehaus<\/a>, das die Verteilungsstr\u00f6me innerhalb der Krankenversicherung von Jungen hin zu Alten analysierte und aufzeigte, dass eine durchschnittliche Familie mit bis zu drei Kindern immer noch Nettozahler der gesetzlichen Krankenversicherung ist, konnte ebenfalls nicht durchdringen. In seiner Gesamtheut zementiert das BVerfG mit dem aktuellen Beschluss die Umverteilung von Eltern zu Kinderlosen im Rahmen der Sozialversicherung.<\/p>\n

Ein modernes System sollte Schutz vor Kinderarmut bieten, nicht neue Risiken hervorrufen<\/strong><\/h2>\n

Es ist nachgerade zum Verzweifeln, dass weder das Bundesverfassungsgericht noch Politiker*innen jeglicher Couleur den im Verfahren vorgetragenen Zusammenhang von Sozialversicherungsbeitr\u00e4gen und Kinderarmut sehen (wollen). W\u00e4hrend im Steuerrecht gilt, dass der Staat nicht auf jene Teile des Einkommens zugreifen darf, die Eltern f\u00fcr das Existenzminimum von Kindern aufwenden m\u00fcssen (BVerfGE 82, 60, 87), werden im Beitragsrecht der Sozialversicherung auch die Teile des elterlichen Einkommens verbeitragt, die diese f\u00fcr den Unterhalt der Kinder verwenden m\u00fcssen. Bei durchschnittlich und erst recht bei gering verdienenden Eltern f\u00fchrt dies regelm\u00e4\u00dfig dazu, dass ihr steuerrechtliches Existenzminimum unterschritten<\/a><\/strong> wird. Sowohl die Bevollm\u00e4chtige der Bundesregierung als auch das BVerfG registrieren dies durchaus, verweisen aber lapidar auf die Grundsicherung.<\/p>\n

Diese Verbeitragung des Existenzminimums<\/em> von Kindern ist eine der wesentlichen Ursachen f\u00fcr den \u00fcberraschenden Befund, dass die Gesellschaft insgesamt immer weniger Kinder zu versorgen hat, die Erwerbst\u00e4tigkeit von M\u00fcttern \u00fcber die Jahre gestiegen sowie die Arbeitslosigkeit in den letzten 10 Jahren erheblich gesunken ist \u2013 und dennoch praktisch keine Erfolge im Kampf gegen die Kinderarmut erzielt wurden. Derzeit k\u00f6nnen Eltern die Kosten f\u00fcr Kinder privat nur tragen, wenn sie mehr als durchschnittlich verdienen. Der fortschreitende demografische Wandel und die absehbaren Steigerungen bei den Sozialversicherungsabgaben werden den Familien mit unterhaltspflichtigen Kindern \u00f6konomisch immer weiter das Wasser abgraben. Dabei sollte ein modernes System der Sozialversicherung einen Schutz gegen typische Lebensrisiken bieten und nicht neue Risiken, wie Kinderarmut, verursachen.<\/p>\n

Hatte sich das BVerfG 2001 \u2013 unter Hinzuziehung bev\u00f6lkerungswissenschaftlicher Expertise \u2013 noch sehr ausf\u00fchrlich mit dem demografischen Wandel und seinen Folgen f\u00fcr die Sozialversicherung besch\u00e4ftigt, so taucht in dem Beschluss vom 7.4.2022 in den Begr\u00fcndungsabschnitten zur Renten- und Krankenversicherung weder der Begriff der Demografie noch der des Drei-Generationen-Vertrages \u00fcberhaupt auf.<\/p>\n

Das Durchwursteln in der Sozialversicherung h\u00e4lt an<\/strong><\/h2>\n

Dazu h\u00e4tte auch geh\u00f6rt, endlich mit der Fehlannahme der Versicherten aufzur\u00e4umen, mit ihrer Beitragszahlung allein die Zukunft der eigenen Altersvorsorge sicherzustellen. Aber auch eine andere Gerechtigkeitsl\u00fccke h\u00e4tte beleuchtet werden k\u00f6nnen: Die Sozialversicherung in ihrer \u00fcberkommenen Form ordnet die Umverteilung zwischen durchschnittlich und gering Verdienenden an, w\u00e4hrend sich die gutsituierten Selbst\u00e4ndigen, die Beamt*innen und Politiker*innen in eigenen vorteilhaften Vorsorgeeinrichtungen zusammenschlie\u00dfen d\u00fcrfen. Ein Verfassungsgericht, das schon angesichts des geringen Beitrages zur Pflegeversicherung in Erw\u00e4gung zieht, dass ein noch \u201eh\u00f6heres Ma\u00df an Solidarit\u00e4t mit den Kindererziehenden\u201c (BVerfG 7.4.2022, Rn. 331) die Kinderlosen \u00fcberstrapazieren k\u00f6nnte, kann sich erst recht nicht an die Renten- und Krankenversicherung heranwagen. Dort w\u00fcrde die Entlastung von Eltern durch die Freistellung des Kinderexistenzminimums im Monat ungef\u00e4hr 250 Euro pro Kind betragen, was zu einer entsprechenden Mehrbelastung derjenigen Versicherten f\u00fchren w\u00fcrde, die in der Gegenwart keinen Unterhalt (mehr) f\u00fcr Kinder aufbringen m\u00fcssen. Hinter vorgehaltener Hand h\u00f6rt man bisweilen in den Fluren der Gerichtss\u00e4le und Konferenzr\u00e4ume der Republik das Eingest\u00e4ndnis, dass die Beitragsentlastung von Eltern in der Sozialversicherung eigentlich richtig sei, die Umsetzung in der Renten- und Krankenversicherung aber deren fragiles Gleichgewicht zum Einsturz bringen k\u00f6nnte. In der Tat: die Finanzierung der Renten-, Kranken und Pflegeversicherung erfolgt seit einigen Jahren auf Sicht, jedes Jahr mit wechselnden, aber tendenziell steigenden Bundeszusch\u00fcssen. Jedem, der sich mit der Sache befasst, ist klar, dass eine gro\u00dfe Reform Anfang der n\u00e4chsten Legislaturperiode ins Werk zu setzen ist. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass sich das BVerfG in seinem Beschluss vom 7.4.2022 nicht mit dem Pflegevorsorgefonds<\/em> befasst, der ebenfalls in Hinblick auf seine Geeignetheit f\u00fcr die Bew\u00e4ltigung des demografischen Wandels angegriffen worden war.<\/p>\n

Es ist also zu erwarten, dass in der Sozialversicherung das Durchwursteln weitergeht und das sich stetig verschlechternde Verh\u00e4ltnis von Beitragszahlenden und Leistungsempfangenden mit steigenden Bundeszusch\u00fcssen, sinkenden Leistungen und einer Verlagerung der Absicherung auf private oder staatlich administrierte Kapitaldeckung verarbeitet wird \u2013 mit den bekannten Risiken. Ebenfalls bestehen bleibt die Diskrepanz, dass diejenigen, die den gr\u00f6\u00dften Beitrag zur Stabilisierung der Gesetzlichen Sozialversicherung leisten \u2013 die Eltern mit zwei und mehr Kindern \u2013 die geringsten Rentenbez\u00fcge im Alter haben, und zwar umso weniger, je mehr Kinder sie erzogen haben.<\/strong><\/p>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n

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