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INTERVIEW MIT DR. ALBERT WUNSCH, ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTLER<\/b><\/font><\/div>\n

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Dr. Albert Wunsch lehrt u.a. Konzepte zur Elternqualifikation und zur fr\u00fchkindlichen Bildung an der Katholischen Hochschule f\u00fcr Sozialwesen in K\u00f6ln. Im Gespr\u00e4ch mit FreieWelt.net sprach der Erziehungswissenschaftler \u00fcber die von der CDU geplante Kindergartenpflicht, den politischen Mi\u00dfbrauch des Begriffs des „Kindeswohls“ und die Erstverantwortung der Eltern f\u00fcr die Erziehung ihrer Kinder.\u00a0<\/b><\/font><\/div>\n

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FreieWelt.net: Was halten Sie als Erziehungswissenschaftler von der Idee der CDU, den Kindergarten verpflichtend einzuf\u00fchren?<\/b><\/font><\/div>\n
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Dr. Albert Wunsch:<\/b> Kurz gesagt, gar nichts. Denn eine per Gesetz geregelte Verpflichtung zum Kindergartenbesuch ist eine Bevormundung bzw. Entm\u00fcndigung. Sie dr\u00fcckt aus, den Eltern weder Einsicht noch Mitverantwortung zuzutrauen. So werden V\u00e4ter und M\u00fctter nicht zur Wahrnehmung einer qualifizierten Erziehungsleistung herausgefordert, sondern statt dessen weitgehend kalt gestellt, um durch den Kindergarten \u2013 quasi unter staatlicher Aufsicht \u2013 diewichtigsten Lebensvorbereitungen zu \u00fcbernehmen. F\u00fcr eine christliche Politik ist dies gleichzeitig ein Offenbarungseid, eigene Grundpositionen aufgegeben zu haben. Denn ein christliches Menschenbild setzt Eigen-Verantwortlichkeit und Selbst-T\u00e4tigkeit voraus. Statt etwas per Gesetz zur Pflicht zu machen, sollten ganz gezielt \u2013 auch finanzielle – Anreize f\u00fcr eine qualitative Verbesserung der Kinder-Erziehung in der Kooperation von Eltern und Kinderg\u00e4rten geschaffen werden, z.B. durch einen Bonus zum Kindergeld beim Nachweis von Elternqualifikations-Seminaren. Dies h\u00e4tte zur Folge, dass Engagement honoriert und nicht Mangel und Unverm\u00f6gen finanziert w\u00fcrde.<\/font><\/div>\n
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FreieWelt.net: Aber es gibt doch viele Kinder, denen ein Pflicht-Kindergarten gut helfen w\u00fcrde, die offenkundigen M\u00e4ngel innerhalb der elterlichen Aufwachsbedingungen auszugleichen.<\/b><\/font><\/div>\n
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Dr. Albert Wunsch:<\/b> Nat\u00fcrlich ist der Kindergarten eine wichtige Institution, gerade f\u00fcr Kinder mit offenkundigen Defiziten, ob im Sprachverhalten, der sozialen Entwicklung oder im Bereich der Konzentrationsf\u00e4higkeit, um nur einige zu nennen. Eine Besserung kann aber nur effektiv im Zusammenwirken mit den Eltern durch eine kontinuierliche Bef\u00e4higung zwischen F\u00f6rderung und Herausforderung erfolgen. Au\u00dferdem m\u00fcsste eine breite Diskussion \u00fcber die Konzepte einer angemessenen Kindergarten-P\u00e4dagogik im Zusammenwirken von Fachkr\u00e4ften und Eltern einsetzen<\/font><\/div>\n
Per Gesetz l\u00e4\u00dft sich jedenfalls keine elterliche Mangelerziehung zwischen Unverm\u00f6gen, \u00dcberforderung und Gleichg\u00fcltigkeit reduzieren. Bisher ist ja auch noch keiner auf die Idee gekommen, per Gesetz zu regeln, dass Menschen vor dem Sprechen den Verstand einschalten und die Verantwortung f\u00fcr Ihre \u00c4u\u00dferungen nicht ausgrenzen sollen, obwohl die \u00dcberwindung dieses Mangels in Politik und Gesellschaft einen rasanten Innovations-Schub ausl\u00f6sen w\u00fcrde.<\/font><\/div>\n
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FreieWelt.net: Sie scheinen dem Staat ja nicht allzu viel zuzutrauen?<\/b><\/font><\/div>\n
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Dr. Albert Wunsch:<\/b> Was hei\u00dft hier Zutrauen. Im Kern geht es um die leicht variierte Gretchenfrage: \u201aStaat, wie hast du’s mit der Elternverantwortung‘? Setzt du auf Bef\u00e4higung und gute Rahmenbedingungen f\u00fcr eine Erziehung im Elternhaus, oder springst du auf ein \u00f6ffentliches Versorgungsmodell zwischen Kinderkrippe und Ganztagsschule? Und die Gegenfrage m\u00fcsste lauten: Eltern, wie habt ihr’s denn mit eurer Erziehungsverantwortung? Wurde sie schon kommentarlos der \u00d6ffentlichkeit untergeschoben oder nehmt ihr noch die Erstverantwortung f\u00fcr das Aufwachsen eurer Kinder wahr? – Die Fakten zeigen, in welche Richtung es geht. Das Bundesverfassungsgericht wird zum Anwalt von Kindern und fordert vom Gesetzgeber eine St\u00e4rkung der Elternverantwortung. Die Eltern ordnen die Kinder-Erziehungsverantwortung der Erwerbst\u00e4tigkeit unter. Die Politik setzt auf immer mehr ganzt\u00e4gige Betreuungsangebote. Legislative und Judikative liegen im Clinch und die Eltern scheint die Auseinandersetzung gar nicht zu interessieren. Armes Kinder-Deutschland.<\/font><\/div>\n
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FreieWelt.net: Gibt es denn Ihrer Einsch\u00e4tzung nach nichts Gutes an dieser CDU-Idee?<\/b><\/font><\/div>\n
Dr. Albert Wunsch:<\/b> Egal welche demokratische Partei das Thema \u201aOptimierung der Erziehungs- und Aufwachsbedingungen‘ aufgreift, gut ist, wenn alle gesellschaftlichen Kr\u00e4fte in diese Verbesserung kr\u00e4ftig investieren. Die Optimierung der Datenerfassung der Vorsorgeuntersuchungen, eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Kinder\u00e4rzten, Kinderg\u00e4rten bzw. Jugend\u00e4mtern und ein Herauskommen aus dem \u201aAngebots-Charakter‘ von Erziehungsgespr\u00e4chen und Elternseminaren in den Kinderg\u00e4rten sind hier beispielhaft zu nennen. Aber solange nicht die F\u00f6rderung und Qualifizierung der elterlichen Erstverantwortung f\u00fcr die Erziehung der Kinder im Zentrum steht, wird es letztlich auch keine verbesserten Bedingungen des Heranwachsens der n\u00e4chsten Generation geben. Und wer glaubt, wenn Kinder eine gute Zeit im Kindergarten verbracht h\u00e4tten, w\u00e4ren die m\u00f6glichen M\u00e4ngel in den restlichen Zeiten innerhalb einer Woche hinnehmbar, l\u00fcgt sich selbst etwas in die Tasche. Dann ist es schon besser, bei den Eltern anzusetzen und den Kindergarten f\u00fcr seine erzieherische Erg\u00e4nzungsfunktion besser personell und sachlich auszustatten.<\/font><\/div>\n
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FreieWelt.net: Aber lassen sich durch staatliche Stellen nicht doch die offenkundig gewordenen F\u00e4lle von Kindes-Misshandlung und -Vernachl\u00e4ssigung reduzieren. Schlie\u00dflich geht es doch um das Kindeswohl.<\/b><\/font><\/div>\n
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Dr. Albert Wunsch:<\/b> Wenn von Politikern das Wort \u201aKindeswohl‘ gebraucht wird, steigt in mir von Tag zu Tag st\u00e4rker das ungute Gef\u00fchl hoch, dass dieser \u2013 an sich gute \u2013Begriff als Keule f\u00fcr die Durchsetzung unterschiedlichster politischer \u00dcberzeugungen genutzt wird. Mir liegen auf jeden Fall keine fundierten Untersuchungsergebnisse vor, welche belegen, dass beispielsweise die Betreuung von S\u00e4uglingen in Kinderkrippen dem Kindeswohl dient. Nein, w\u00fcrden Kinder gefragt, was ihnen gut t\u00e4te, st\u00fcnde auf keinen Fall eine fr\u00fche Entfernung von Papa und Mama auf der \u00c4u\u00dferungsliste. Dass es auch Gr\u00fcnde f\u00fcr eine Unterbringung von Kindern in Krippen gibt, sollte aber nicht dazu f\u00fchren, dies mit: \u201adem Kindswohl dienend‘ zu begr\u00fcnden. Wenn stattdessen gesagt w\u00fcrde, wir haben Zugest\u00e4ndnisse an die Berufswelt, finanzielle Bed\u00fcrfnisse oder ans Karrieredenken gemacht, dann w\u00e4re dies wenigsten ehrlich. Aber \u201aKinder brauchen Elternh\u00e4user und keine Verschiebebahnh\u00f6fe zwischen \u00f6ffentlicher Ganztagsbetreuung und famili\u00e4rem Nachtquartier“ (aus: Abschied von der Spa\u00dfp\u00e4dagogik) Copyright: Dr. Albert Wunsch, 41470 Neuss, Im Hawisch 17<\/font><\/div>\n
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Weitere Infos unter: <\/b><\/font>www.albert-wunsch.de<\/b><\/font><\/div>\n
Das Interview f\u00fchrte Christoph Kramer<\/b><\/font><\/div>\n
Foto: A. Wunsch<\/b><\/font><\/div>\n
Initiative:<\/b><\/font> <\/b><\/font>Kindergartenpflicht verhindern<\/b><\/font><\/div>\n
14.09.2009<\/font><\/div>\n

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